Die Kirche St. Michael
„... eine virtuose Synthese aus Stauferromanik und karger Frühmoderne...“
Frankfurter Allgemeine Zeitung
- Grundsteinlegung am 03.06.1923
- Weihe am 27.09.1924
- Erhebung zur Pfarrkirche der Pfarrei St. Michael durch Urkunde vom 22.09.1926
- 01.01.2005 - 31.12.2021 Pfarrkirche der 2005 errichteten Pfarrei St. Johann (bis 2021)
Angelus pacis Michael in aedes
Caelitus nostras veniat serenae
Auctor ut pacis lacrimosa in orcum
Bella relegetDer Engel des Friedens, Michael, möge vom Himmel her in unsern Tempel kommen und als Urheber heitern Friedens die tränenbringenden Kriege in die Unterwelt verbannen. Aus der Grundsteinurkunde von St. Michael, Originaltext lateinisch-deutsch von 1923
Die Kirche St. Michael wurde 1913 vom damals erst 26 Jahre alten Architekten Hans Herkommer geplant, dessen Entwurf sich gegen 172 Mitbewerber durchsetzte.
Ausbruch und Folgen des Ersten Weltkrieges verzögerten den Bau der Kirche um 10 Jahre. Mitte der 1920er Jahre fiel der Kirchbau in eine Zeit starker Umbrüche in Staat und Gesellschaft. Aber auch in der Kirche gab es ein Wetterleuchten: die volksliturgische Bewegung gewann an Kraft, mit dem Ziel, Verständnis und Bedeutung der Liturgie stärker zu ergründen. Die Teilnahme der Gläubigen an der heiligen Messe rückte in den Mittelpunkt. Gedanken und Erfahrungen dazu gingen schließlich auch in die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Liturgiereform ein.
Unsere Kirche aus Stein spiegelt die auch in der lebendigen Kirche ewig jungen Konflikte um Bewahrung und Erneuerung wider und den Versuch trotzdem eine Einheit zu bilden. Lassen wir den jungen Architekten selbst zu Wort kommen, dessen Aussagen in der Festschrift von 1924 an Aktualität nichts eingebüßt haben:
„Wenn es für die schöpferischen Kräfte immer schwer sein wird, ihre Zeit in abstrakter Form widerzuspiegeln, so dürfte dies heute um so mehr der Fall sein, weil Verworrenheit und Zerfahrenheit auf allen Gebieten herrschen. Extreme hatten zunächst die Führung: einerseits Zerschlagen alles Gewesenen, anderseits starres Festhalten am Alten, bisher Gewohnten. Darauf folgte Unsicherheit beider Teile: ein Suchen unter allem, vom Primitivsten bis zum Raffiniertesten, ein rascher modischer Wechsel von Ausdrucksformen aller Völker und aller Zeiten; anderseits ein Besinnen auf die Ursachen der Gärung. Als Folge davon sowie der Ungleichheiten der Verhältnisse und Anschauungen eine einigermaßen klärende Scheidung in zwei Gegenpole: einerseits Abstraktion bis zum Äußersten, zurück zum Ersten, Ursächlichsten, Verstandeskühle, kalte Nüchternheit; anderseits Freude an Form- und Farbenspiel, Überschwang an Laune und Üppigkeit, Träumereien. Diese beiden gegensätzlichen Erscheinungen dürften Haupterscheinungen unserer Zeit sein und haben somit eine gewisse innere Berechtigung. Es handelt sich nun nicht darum, welche der Auffassungen die bessere oder richtigere ist, sondern darum, dem Kern beider Erscheinungen nachzuspüren, beiden gerecht zu werden, beiden Schranken zu geben, beiden ein Feld der Betätigung zuzuweisen und somit aus dem ursprünglichen Gegensatz eine Einheit zu bilden.“
Hans Herkommer
Anlässlich zweier Jubiläen im Jahr 2013 - 100 Jahre Planung St. Michael und 90 Jahre Grundsteinlegung - hat die Landeshauptstadt Saarbrücken gemeinsam mit dem Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis eine Broschüre publiziert, die eine Reihe zu Sakralbauten des 20. Jahrhunderts im Saarland eröffnet: Die katholische Pfarrkirche St. Michael in Saarbrücken.
Autorin ist die Architekturkritikerin Marlen Dittmann.
"Stadtkrone und Engelskirche" Kirchenführer zu St. Michael
Rechtzeitig zum Tag des offenen Denkmals 2014 und zum 90. Kirchweihjubiläum am 27. u. 28.09.2014 erschien im Geistkirch-Verlag Saarbrücken ein umfangreicher Kirchenführer zu unserer Pfarrkirche St. Michael.
Der Autor Wolfgang Peters stellt auf 108 Seiten mit zahlreichen Abbildungen das architektonisch-theologische „Programm“ der Kirche, ausgehend von der Konzeption als Stadtdominante bis hin zur inneren Gestaltung, detailliert dar. Dabei wird das Spannungsverhältnis zwischen Historismus und Moderne, zwischen Tradition und Avantgarde in diesem Kirchenbau deutlich.
Klare und beherrschende städtebauliche Platzierung und Massen-Gestaltung. Monumental, erdhaft wirkend durch Sandstein-Bossenmauerwerk. Die Doppeltürme sehr eindrucksvoll. Die im Innenraum geschaffene große Höhe mit dem basilikaartigen Tonnengewölbe ergibt einen gewaltigen, geradezu monumentalen Raumeindruck. Der hoch über der Krypta über viele Stufen erreichbare Altarbereich ist eindrucksvoll entrückt, fast zu weit von der Gemeinde abgesetzt, da zu sehr Macht und Erhabenheit darstellend. Alles jedoch von Kraft und Eindrücklichkeit, eine große und erhabene, wahrhaft als Stadtkirche ansprechende Anlage.
Jörg Herkommer (*1923, Architekt), Sohn des Kirchenarchitekten Hans Herkommer im Jahre 2004 über die Pfarrkirche St. Michael
Das Buch ist zum Preis von 12,80 Euro über den Buchhandel oder direkt beim Verlag (www.geistkirch.de) erhältlich (ISBN 978-3-938889-05-3).
Vor Ort können Exemplare im Pfarrbüro erworben werden.
Bildershow - Pfarrkirche St. Michael
Kreuzweg in St. Michael Saarbrücken von Franz Lorch (1929)
Theresienaltar von Berthold Müller-Oerlinghausen (1931)
Stimmen zur Kirche
Ein Fritz Lang der Architektur
„Hans Herkommer baute in den zwanziger Jahren eine undogmatische Moderne.
(...) Sein Gesellenstück, die 1913 entworfene, aber erst 1923 realisierte St.-Michaels-Kirche in Saarbrücken, ist in ihrem überwältigend monumentalen Außenbau eine virtuose Synthese aus Stauferromanik und karger Frühmoderne. Damit Paul Bonatz' zur selben Zeit gebautem Stuttgarter Hauptbahnhof gleichend, zeigt St. Michael innen flammenden Expressionismus. (...)“
Dieter Bartetzko, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.12.2010
Vollständiger Artikel auf faz.net
Jenseits des Neuen Bauens | Hans Herkommer (1887–1956)
„(...) Herkommers katholische Kirche St. Michael für Saarbrücken, geplant ab 1913, wurde zu Recht als eines der ersten größeren modernen Kirchenprojekte Deutschlands gerühmt.
An diesem frühen Entwurf wird deutlich, wie mühelos Herkommer eine beachtliche Bandbreite dezidiert moderner Gestaltungsanliegen aufnahm. Mit diesem von Reduktion und Klarheit geprägten Baukörper gelang ihm eine moderne Dominante für den Stadtraum, die zugleich das Kommunikationsangebot an den Betrachter durch erinnernde Atmosphären aufrecht erhielt, ein Eindruck, der sich vor allem in der Nahsicht einstellt. (...)“
Elke Sohn, Bauwelt 1-2 | 2011
Frau Dr. Ing. Elke Sohn ist Architekturhistorikerin und lehrt an der Hochschule für Technik (HFT) in Stuttgart, Fakultät: Architektur und Gestaltung, Fachgebiet: Baugeschichte und Architekturtheorie
Weitere Leseempfehlungen
- Die neue St. Michaelskirche in Saarbrücken-St. Johann in "Zentralblatt der Bauverwaltung, 01.04.1925" (PDF; 2,8 MB)
- Eine historische Beschreibung der Späth-Orgel von 1925 in St. Michael findet man in der Festschrift zur Einweihung der Orgel:
Christian Barthen an der Späth/Mayer-Orgel (1925/1984)
Der Saarbrücker Konzertorganist Christian Barthen spielt :
M. Dupré: Esquisse b-moll op. 41
Fernsehbeitrag "Aus christlicher Sicht" zur Saarabstimmung 1935 und zu St. Michael
In der Sendung Aus christlicher Sicht, die jeden Donnerstag im Anschluss an den "Aktuellen Bericht" und vor der Übernahme der "Tagesschau" im SR-Fernsehen gegen 19.57 Uhr läuft, beschäftigte sich SR-Redakteur Wolfgang Drießen am 15. Januar 2015 mit der Saarabstimmung vor 80 Jahren und mit unserer Pfarrkirche St. Michael.
Den Bericht können Sie hier anschauen.