"Wo Gott wohnt und wie es kam, dass Jesus kam"
"Wenn nicht der Herr das Haus baut..."
Ist das nicht ein bisschen spät? Die Tür zum Fest einen Spalt weit auf, und wir erfahren bei Lk "kurz vor knapp": Wie es kam, daß Jesus kam; und kommt... "Alle Jahre wieder!“ Dabei kennen wir das; wissen, was da kommt - haben (genaue) Vorstellungen von Weihnachten, Advent und so. Anno 2020 zumindest bis gestern oder letzte Woche noch - bis der Lock-down kam, oder ein Befund, oder oder...
2 Stichworte/Fragen prägen am 4. Advent die Schrifttexte (2 Sam; Röm; Lk): zum einen das Moment der Verheißung und Verkündigung - also: "Wie alles kam!" Zum anderen die Frage: "Wo Gott wohnt?" - Beides ist eng verbunden. Schau’n wir uns beides einmal an:
"Wie es kam, dass Jesus kam...!"
Bemerkenswert im Moment der Verkündigung, daß Maria nur über die Anrede des Engels erschrickt. Aber offenbar nicht über den Engel selbst. Da kommt wie aus heiterem Himmel, völlig unerwartet, ein Engel ins Haus, und das auch noch in ganz realer Gestalt: "Er trat bei ihr ein." Kein Traum, keine Vision - und doch: aus einer anderen Welt. Aber, das erschreckt Maria nicht im Geringsten. Bemerkenswert insofern auch: die Haltung des Engels. Er verneigt sich förmlich vor Maria, der Gottesbote. Nötig hätte er’s wohl nicht. Doch seine Haltung prägt Respekt - gar Zurückhaltung.
„Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ - Das ist eine vornehme Anrede. Und nur darüber erschrickt Maria. Vielleicht wurde sie noch nie zuvor so angesprochen. Maria ist Mensch ("wie du und ich") hält sich nicht für etwas Besonderes. Nun aber wird ihr von Gabriel gesagt, dass sie etwas ganz Besonderes ist, und dass Gott etwas Großes mit ihr vorhat.
Gott hat großen Respekt vor uns Menschen; vor unserer Freiheit. Wohlmöglich könnte man sagen: Gott verneigt sich vor unserer Freiheit; drängt sich nicht auf. Wie unter Menschen eigentlich auch: Liebe lässt sich nicht erzwingen. Doch man kann sich selbst liebens-würdig zeigen; und so Liebe im anderen wecken. - Durch den Engel lernt Maria sich selbst kennen; und das ist für uns genauso!
Die eigene Würde und Berufung, unseren Platz in der Welt, erkennen wir nicht, indem wir in den Spiegel schauen, oder übers Leben nachgrübeln. Sondern, indem wir uns von Gott ansprechen lassen. Deshalb ist es wohl auch in Gesellschaften, in denen Gottes-Bezüge verloren gehen, unter Umständen schnell auch einmal um menschliche Würde geschehen?! Doch da kommt der Clou: Gott macht uns groß; selbst wenn er sich dafür klein machen muss. Das ist sein Stil - das ist es, wie alles kam...!
"Und wo wohnt Gott?!"
Gott eine Wohnung zu bereiten, das war schon Absicht König Davids (2 Sam 7). Am Ende musste er sich jedoch gefallen lassen, dass sein (ehrbares) Anliegen kritisch unter die Lupe genommen wurde. Und abermals erging eine Verkündigung - an Nathan im Traum: Gott will nicht eingesperrt sein, in einem Haus aus Stein. Gott ist Gott der Wandernden, derer die immer wieder aufbrechen. Ein lebendiger Gott, der mit lebendigen Menschen unterwegs sein will. Im übrigen: „Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet? Was für ein Ort, an dem ich ausruhen könnte? Es gehört mir ja schon!“ (Jes 66)
Und so wird Davids Plan auf den Kopf gestellt: „Nicht du wirst mir ein Haus bauen, sondern ich werde dir ein Haus bauen!“ (vgl. 2 Sam 7,11) Und so spannt sich dann auch der Bogen zum 4. Advent; oder... in den einzigartigen Worten von Andreas Knapp:
„kein poltergeist - der mit der tür ins haus fällt - botschafter klopfen an - mit dem fingerspitzengefühl allerhöchster diplomatie; kein engelsflügel mit goldrand zu sehen - die botschaft so groß - dass der übringer dahinter völlig verschwindet; kein rauschen - von engels-schwingen - doch im überton des grußworts - eine aufweckmelodie - für neues leben!“
Wo wohnt Gott?! - Gott wohnt dort, wo man ihn einlässt! Menschen sich IHM öffnen; bereit, sich auf etwas Ungewöhnliches einzulassen - ihr Leben an diesem Gott zu orientieren. Menschen, wie Maria, in denen ER Wohnung nehmen kann! - Häuser aus Stein können leicht unbeweglich machen; man richtet sich ein, kann sich kaum vorstellen, sich nochmal auf den Weg zu machen. Der Ansporn unter-wegs-zu-sein und zu-bleiben fehlt! Es fehlt die Haltung dessen, der nicht vor Unvorhersehbarem erschrickt!
Doch darauf kommt es an! So handelt Gott. Selbst in den bitteren, beklemmenden Erfahrungen dieses anno Coronae übersteigt ER unsere Vorstellungskraft, lässt sich nicht in unser Denken und Bauen einsperren. Es geht schließlich nicht um Gebäude/Kirchen - sondern darum, wo etwas von SEINER Gegenwart unter und in uns durchscheint! David und Maria haben das in besonderer Weise erfahren dürfen: „Wenn nicht der Herr das Haus baut; müht sich jeder umsonst, der daran baut.“ (Ps 127).